Nachbereitung: Feminismus in die Offensive – Gegen 1000 Kreuze

Am 17.03.2018 rief die christlich-fundamentalistische Initiative „EuroProLife“ zur Teilnahme an der alljährlich stattfindenden Demonstration „1000 Kreuze für das Leben“ auf. Die knapp 100 erschienenen Abtreibungsgegner*innen forderten das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen und wollen damit schwangeren Personen das Recht auf Selbstbestimmung verwehren. Das Weltbild dieses Marsches propagiert reaktionäre Vorstellungen von Geschlecht, Sexualität und Fortpflanzung. Queere Identitäten, Homosexualität und alle Formen des Begehrens jenseits von heterosexuellen Zweierbeziehungen werden von ihnen verachtet. Um dem etwas entgegenzusetzen, mobilisierten ein breites bürgerliches „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ sowie ein linksradikales Bündnis „Feminismus in die Offensive“ zu Demonstrationen und Störaktionen. Insgesamt waren über 1000 Leute in Münster auf der Straße, um für den Feminismus einzustehen und den Fundis den Tag zu versauen.

Am Auftaktort des 1000-Kreuze-Zuges fanden sich neben christlichen Fundamentalist*innen auch einige szenebekannte Mitglieder der Identitäten Bewegung ein. Dies ist kein Zufall, immer wieder mischen sich Rechte und Neonazis unter die Abtreibungsgegner*innen und werden mit offenen Armen empfangen. Gegen 14:30 begannen sie ihre Kundgebung mit Gebeten und Gesängen unter starkem Polizeischutz. Die Polizei hielt die von Anfang an lautstark protestierenden Feminist*innen vom Marsch fern. Als sich der Zug gegen 15:10 in Bewegung setzte, entwickelte sich der Tag für die Fundis zum Spießrutenlauf: Kondome, Konfetti und lautstarke Sprechchöre flogen ihnen entgegen. In der verwinkelten Münsteraner Innenstadt gelang es den Gegendemonstrant*innen trotz des übertriebenen Polizeiaufgebots immer wieder, nah an die Route zu gelangen und effektiv zu stören.

An der Ecke Klosterstraße / Salzstraße, etwa auf der Hälfte der geplanten Route kam es gegen 15:30 aus dem 1000-Kreuze-Marsch heraus zu einer Störaktion: Feminist*innen hatten sich unter die Fundis gemischt und hübschten die Tristesse des Marsches mit Farbe auf. Dabei ging ein mitgeführtes Holzkreuz kaputt. Die Polizist*innen drückten die Aktivist*innen daraufhin gewaltsam zu Boden und führten sie ab. Nach unserem Kenntnisstand kam es an dem Tag zu drei Festnahmen. Mindestens eine der festgenommenen Personen wurde dabei verletzt.

Als der Marsch sich gegen 15:45 dem Prinzipalmarkt näherte, wurde er vom Ständefest des „Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung“ mit lautstarkem Gegenprotest empfangen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich an der Kundgebung ca. 750 Personen, von CSD-Aktivist*innen bis zu Parteipolitiker*innen. Es gelang dem Bündnis in einer Breite gegen den 1000-Kreuze-Marsch zu mobilisieren, die für Münster neu ist.

Etwa zeitgleich blockierten Aktivist*innen alle drei Zugänge zum Domplatz, dem Ort der Abschlusskundgebung des Marsches. Den Blockaden gelang es, die fundamentalistische Demo kurzzeitig zum Halt zu bringen, die Teilnehmer*innen mussten ihre Kreuze sowie das von ihnen mitgeführte Madonnenbild frustriert absetzen. Es entstand eine Situation, in der der 1000-Kreuze-Marsch von Gegendemonstrant*innen umringt waren. Eine Gruppe von Rythms of Resistance hat die letzten verzweifelten Gesänge der Fundamentalist*innen erfolgreich mit ihren Trommeln übertönt. Zusätzlich wurde von zahlreichen Kleingruppen an den Polizeiketten lautstark Protest geübt. Die Polizei war sichtlich überrumpelt von den Blockaden und räumte eine davon nach ca. 15 Minuten, sodass die Fundis zu ihrem Abschlusskundgebungsort gelangten. Daraufhin lösten sich auch die anderen Blockaden auf und bewegten sich zum Domplatz. Dort kesselten mit fortschreitender Zeit bis zu 300 Aktivist*innen den 1000-Kreuze-Marsch bei der Abschlusskundgebung und störten diese massiv.

Anschließend fanden sich zahlreiche Aktivist*innen zur Demo zusammen, die sich, von einem kämpferischen Schwarzen Block angeführt, gegen 17:20 in Bewegung setzte, nachdem es einige technische Probleme mit dem Lauti gab. Eröffnet wurde die Kundgebung mit einem Redebeitrag vom queerfeMS, der eine queerfeministische Kritik am 1000-Kreuze-Marsch als Ausgeburt der herrschenden Geschlechterverhältnisse äußerte. Der Eklat erläuterte in seinem Redebeitrag die Anschlussfähigkeit des 1000-Kreuze-Marsches an völkisch-nationale Strukturen wie die AfD. Mit insgesamt ca. 250 Teilnehmer*innen verliehen wir unserer radikalen Kritik am Patriarchat – seiner rechts-religiösen Spielart auf der Straße und der in den Parlamenten und Gesetzesbüchern gleichermaßen – lautstark Ausdruck.

Am Hauptbahnhof folgte zudem ein Redebeitrag der Redical [M] aus Göttingen, die eine materialistische Kritik am Antifeminismus im Zusammenspiel mit Staat, Nation und Kapital formulierte. Die aus ganz Nordwestdeutschland angereisten ebenso wie die lokalen Teilnehmer*innen traten von dort schließlich ihren Heimweg an. Wir danken ganz herzlich allen Genoss*innen, die sich bei minus vier Grad und beißendem Wind den Fundis in den Weg gestellt haben. Besonderer Dank gilt dem EA und den Genoss*innen vom Infopoint an der F*24, der zeitweise von sieben Polizeiwannen umstellt wurde.

Feminismus in die Offensive! Gegen das Patriarchat und seine Fans!