אנחנו זוכרים / #WeRemember

 

Wir Gedenken der Opfer der Shoah, des deutschen antisemitsichen Vernichtungswahns. 

Auschwitz kann nicht begriffen, nicht rationalisiert werden. Der 27.1 ist daher ein Tag des Schweigens und des Gedenkens.

Und doch darf Auschwitz nicht als Betriebsunfall betrachtet werden. Auschwitz kam nicht aus dem nichts und kann auch nicht einfach als die eklatanteste Zuspitzung der Dialektik der Aufklärung und der dem bürgerlich-kapitalistischen Normalzustand eigenen Gewalt verstanden werden – etwa in einer einfachen Kontinuität zur schrecklichen kolonialer Lager- und Genozidspolitik.  

Mit Joachim Bruhn ist der Nationalsozialismus und die davon untrennbare antisemitische Massenvernichtung als aus dem Kapitalverhältnis „doppelt entsprungenes“ zu betrachten. Auf der einen Seite steht er schon in Kontinuität zur ins Wahn treibende, Kränkungen und pathische Projektionen erzeugende Irrationalität und Gewalt kapitaler Vergesellschaftung, die in sich immer schon antisemitisch ist. Auf der anderen Seite stellte der Nationalsozialismus eine „negative Aufhebung“ bürgerlicher Gesellschaft auf ihrer eigenen Grundlage: Der Übergang ins offene Wahn der im elminatorischen Antisemitismus zusammengeschweisten „Volksgemeinschaft“, die die Synthese im Wert und Staat ersetzen und auf die Krise, die das Kapitalverhältnis ist, antworten soll. 

Nicht nur kann diese im bürgerlich-kapitalsitsichen Normalzustand immanente Möglichkeit immer wieder Wirklichkeit werden: Sie ist in Deutschland Wirklichkeit geworden und die postnazistischen Gesellschaft weist Kontinuitäten auf. „In Deutschland und Österreich existiert ein besonderes Verhältnis von Staat und Gesellschaft, das letztlich zur Shoah geführt hat. Diese Konstellation kann als „deutsch“ bezeichnet werden, weil sie sich in Deutschland erstmals durchgesetzt hat. Aber sie ist kein historisch oder geografisch eingrenzbares Phänomen, also weder auf den Staat Deutschland noch auf die Zeit des Nationalsozialismus beschränkt. Daher ist das, was „deutsch“ ist, auch verallgemeinbar“.

Deshalb heißt heute Auschwitz gedenken auch immer gegen die „Wiedergutwerdung“ der Deutschen zu halten, Geschichtsrevisionismus in jeder Gestalt entgegenzutreten, deutsche Ideologie erbarmungslos zu denunzieren, selbst bürgerliche Gesellschaft vor ihren Übergang in die offene und rasende Barbarei zu verteidigen – ohne in ihre Apologie zu verfallen. Es heißt mit allen Tendenzen brechen, die die Möglichkeit von Auschwitz nicht kategorisch ausschließen und Frieden suchen mit dem Fortwesen des Nationalsozialismus inmitten der Demokratie oder unter den Parolen des Antizionismus. 

Gleichzeitig aber auch heißt es auf die Dynamiken der alltäglichen Gewalt und Krisenhaftigkeit von Kapital, Staat und Nation hinweisen, die Brutstätte jener Regression sind und Individuen zu Subjekte zurichten, die für Faschismus und Antisemitismus mindestens anfällig sind.

Dass Ausschwitz nicht theoretisch begriffen werden kann heißt, dass das adäquate Verhältnis zu Auschwitz praktischer Natur ist: Erinnern und die Möglichkeit, dass Auschwitz sich wiederhole, praktisch  verhindern. Genau das heißt, Adornos Einsicht ernst zu nehmen:

„Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts ähnliches geschehe.”

Gerade „im Stand der Unfreiheit“ – also bis die Überwindung der in sich irrationalen bürgerlichen Gesellschaft nicht gelungen und machbar ist – heißt Adornos kategorischer Imperativ für uns auch eine materialistisch begründete Solidarität mit Israel, dem Staat der Überlebenden, (bürgerliches) Instrument der Emanzipation der und Schutzraum für die Jüd*innen der Welt. Wir verpflichten uns zur Bekämpfung von Antisemitismus in jeder Form und aus jeder Ecke – anfangend bei uns.