Solidarität mit den Geflüchteten an der polnisch belarussischen Grenze!

(Überarbeitete und aktualisierte Version)

Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze dauert fort. Viele Migrant*innen befinden sich immer noch an der Grenze zur europäischen Union und versuchen diese zu überqueren, nach Wochen des Wartens in den belarussischen Wäldern, ausgesetzt der Gewalt der Polizei beider Staaten und der Kälte. Denen, die es schaffen – erwartet die Militärpolizei.
Sie sind dort mit ihren Körpern, die man gewaltsam aus der EU versucht fernzuhalten, für die aber die Gewalt der europäischen Grenze noch geringer ist als die Konsequenzen der Gewalt der Verhältnisse, vor denen sie fliehen. Sie machen sich zu Subjekten eines Handelns, das sie davon befreien soll, passiv die Folgen von globalen Ausbeutungsverhältnissen und die Unterdrückung durch diktatorische Regime ertragen zu müssen, und nun zum Spielball der Auseinandersetzung zwischen fucking fortress EU und Belarus. Ihnen steht die ganze zynische Gewalt der Festung Europa entgegen.
Euch wünschen wir viel Kraft. Wir sind mit euch!

Dabei spielt sich an den Außengrenzen der EU doch ein zweifacher Krieg ab: Ein ewiger krieg gegen Migrant*innen und nun auch ein Konflikt zwischen EU und Belarus, in dem Migrant*innen zum Spielball gemacht werden und zum Austragungsfeld des Konfliktes. So oder so sind die Menschen auf der Flucht das Opfer. Der eine Krieg ruft den anderen Konflikt hervor: Weil die EU sich abschotten will, und die Aufgabe an Diktatoren am Rande der EU – Erdogan, Lukaschenko und Co. – externalisierem, können diese die Drohung, Migrant*innen nicht vor den EU-Grenzen aufzuhalten, als Druckmittel gegen die EU einsetzen. In dieser Rhetorik der EU-Staaten werden dabei Migrant*innen selbst als Waffe der befeindet-verbündeten Despoten und ihrer »hybriden Kriegsführung« (Seehofer) dargestellt, mit offenen Anspielungen auf die rechte und verschwörungsmythische Vorstellung einer Invasion oder einem „Bevölkerungsaustausch“ und der „Invasion“.

Dass sowas möglich ist, ist in der europäischen Migrationspolitik selbst begründet, die nur einem Prinzip folgt: Menschen, die selbst meistens vor despotischen Regimen fliehen bloß nicht nach Europa zu lassen. Neben der Stärkung und Militarisierung des Grenzschutzes, der Durchführung illegaler Pushbacks, der Internierung in lebensunwürdigen Lagern, die zur Abschreckung dienen sollen, ist eben die Externalisierung der Drecksarbeit durch Kooperation mit Regimen, die den Übertritt nach Europa schon außerhalb von Europa verhindern sollen, ein wichtiges Mittel zur Abschottung. Fernab von einem Raum in dem bestimmte Rechte greifen müssten und eine Kontrolle durch Öffentlichkeit stattfindet, wird die offensichtliche Verachtung von Menschenrechten und aktive Bedrohung von Menschenleben durchgeführt und in das System der Abschottung eingebaut.

 

Diese Politik hat auch eine andere Seite: Mit dem EU-Türkei-Deal etwa sichert sich Erdogan Geldmittel und das Schweigen der EU – wenn nicht direkte Kooperation mit seinen nationalistischen Plänen und der Verfolgung von Minderheiten. Das dürfen Kurd*innen in Deutschland am eigenen Leib erfahren, durch die krassen Repressionen, denen sie durch deutsche Behörden ausgesetzt sind.

Die EU bedient gleichzeitig apokalyptische Szenarien, die Nationalisten Vorschub leistet.
Polen hat den Notstand ausgerufen, reagiert mit illegalen Pushbacks und Militarisierung der Grenze – gleichzeitig feiert es sich in der identitären Verteidigung der „europäischen Grenzen“. Wortwörtlich, mit einem ekelhaften Festival für die Truppen, gefeiert wie Verteidiger der Freiheit und Zivilisation.
Seehofer sprach rasch davon, „die gemeinsame Außengrenze zu verteidigen“. Deutsche Nazis eilten zur polnischen Grenze, bewaffnet mit Macheten, um in Eigenregie gewaltsam Übertritte zu verhindern – schließlich geht es ja genau darum, wofür ihr Herz schlägt: Die Festung Europa und Deutschland gegen die „Invasion“ zu verteidigen – von der Polizei bekommen sie höchstens einen Platzverweis.

Mit der Ampel hat sich nichts Geändert.

Aber die Gewalt der EU-Außengrenzen äußert sich im Inneren in der Gewalt der Aufnahmelager und der Abschiebebedrohung und wirkt im Äußeren in der Gewalt der außereuropäischen Handlanger fort. Um diese zu überwinden, müssen wir gemeinsam das EU-Grenzregime und eine internationale Politik, die bereit ist, mit Diktatoren zu kooperieren, zerschlagen.

Festung Europa, verrecke!