Diesen Sommer werden weite Teile der Welt von einer nie da gewesenen Hitzewelle heimgesucht. Auch in Europa versinken ganze Landstriche in Flammen und Rauchwolken.
Was für Millionen Menschen im globalen Süden seit Jahrzehnten bittere Realität ist, erreicht – spätestens seit letztem Sommer – auch den globalen Norden in Form von Flutkatastrophen, Waldbränden, Dürren und tausenden Hitzetoten.
Das Ausmaß der ökologischen Krise ist auf einem historischen Höhepunkt. Doch schon seit Jahren fliehen tausende Menschen vor den Folgen der Klimakatastrophe und versuchen über See und zu Land Europa zu erreichen. Für all diese Menschen geht es schon lange nicht mehr um den Schutz künftiger Generationen, sondern um das nackte Überleben in der Gegenwart.
Während die EU und ihre Mitgliedsstaaten schon immer ein treibender Faktor in der Zuspitzung der Klimakrise waren, bleibt die einzige politische Antwort Abschottung und ein munteres „weiter so!“. Statt sich mit den Ursachen von Umweltkatastrophen inner- und außerhalb Europas zu befassen, werden lieber Zäune gezogen, Seenotrettung illegalisiert sowie Flüchtende zurückgedrängt, ermordet und gefoltert.
Abschottung und Ausgrenzung sind immanente Bestandteile des bestehenden Systems: Sie sind Ausdruck der neokolonialen Strukturen, die den Wohlstand der eigenen Nation garantieren, sie sind Ausdruck einer Machtpolitik, die Menschenleben als Faustpfand einsetzt. Die neokoloniale Dimension der Klimakrise zeigt sich seit Jahren in den griechischen Lagern, auf dem Mittelmeer und im Balkan. Es sind gleichermaßen kollektives Leid und individuelle Schicksale, mit denen gespielt wird, um eigenes politisches und wirtschaftliches Interesse durchzusetzen, sowohl auf internationaler Ebene als auch im Inland – und das nicht erst seit diesem Sommer, sondern seit Jahrzehnten.
Das kapitalistische System baut auf dieser Ausgrenzung und Herabsetzung rassifizierten Lebens auf, doch wie wir sehen, werden weder Frontex noch von Deutschland finanzierte Pushbacks oder die lybische Küstenwache die kommenden Umweltkatastrophen stoppen. Die Klimakatastrophe ist für alle spürbar in Europa angekommen, doch nicht einmal die Toten innerhalb der Festung Europas scheinen ein Umdenken zu provozieren. An den Außengrenzen zeigt sich seit Jahren das kapitalistische Appeasement mit dem Tod und ein Scheitern von Zivilisation, welche von der aktuellen Tatenlosigkeit europäischer Politik noch ein Sahnehäubchen aufgesetzt bekommt.
Wir leben in einer Welt, die sich eher an wirtschaftlichem Wachstum orientiert als an ökologischen Kipppunkten.
Eine Welt, in welcher Staaten wie Deutschland ihre ohnehin schon lächerlich schwachen Klimaziele kippen – während sich der eigene Vorgarten in eine lodernde Hölle verwandelt.
Der Kapitalismus wird von dem unhintergehbaren Zwang angetrieben, Geld zu reinvestieren, um durch die Produktion von ständig Neuem und immer mehr Waren Profite für ebendiesen Kreislauf zu generieren. Plusmacherei ohne Ende, oder: bis zum bitteren Ende. Der Kapitalismus frisst wortwörtlich die Erde auf. Durch technische Innovationen können einzelne Unternehmen die jeweils notwendige Arbeitszeit für die Herstellung ihrer Ware verringern und erlangen so einen Wettbewerbsvorteil. So lange, bis andere Unternehmen nachziehen. Dieses Prinzip führt dazu, dass immer mehr Zeug in immer weniger Zeit produziert wird und der Kram auch noch verscherbelt werden muss. Die Waren degenerieren immer schneller zu ästhetisch oder praktisch unbrauchbarem Ramsch, dessen sich entledigt werden, und durch das immer neuere Modell ersetzt werden muss. Die riesigen Müllinseln in den Meeren und Schrottberge auf dem Land sind eingängliches Zeugnis davon, dass im Kapitalismus Ressourcen immerfort verschwendet werden.
Aus seiner inneren Logik heraus wird der Kapitalismus aber seinen Zwang zum stetigen Wachstum nicht ablegen. Wir müssen uns also entscheiden: entweder wir folgen der gesellschaftlichen Realität und freunden uns mit dem Sterben an. Oder wir kämpfen für ein Ende des Kapitalismus, der die tatsächlich notwendigen Schritte aus seiner inneren Logik heraus verunmöglicht.
Den generellen Widerspruch von Kapitalismus und Natur kann auch ein Grüner Kapitalismus nicht lösen. Er muss ihn in sich aufnehmen. Gleichwohl bestimmt vom Ampel-Klimakanzler Scholz bis zum Green New Deal der Mythos einer systemimmanenten Krisenlösung die Diskussion um die Bewältigung der Klimakrise. Aber der Mythos wird langsam als solcher sichtbar: Diese Krise ist keine Krise eines fehlenden politischen Willens oder fehlender ökonomischer Anreize, sondern eine Systemkrise. Der Kapitalismus hat es in kurzer Zeit geschafft, die Menschheit an den Rand des Verderbens zu manövrieren. Seine grüne Spielart vermag es nicht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, sondern treibt ihn nur noch tiefer hinein. Wird die Produktion effizienter, werden nicht weniger Ressourcen verbraucht, sondern die Effizienzsteigerung wird genutzt, um mehr zu produzieren, logistische Transportwege der Warenzirkulation auszubauen oder neue Märkte zu erschließen. Wenn der grüngewaschene Kapitalismus den Diskurs dominiert sollten wir uns zum Beispiel vor Augen führen, dass Staaten in der Weltmarktkonkurrenz davon profitieren, besonders äußerst laxe Umweltgesetze zu haben und dadurch gute Standorte für besonders energie- oder ressourcenintensive Industrie bieten – da können noch so viele Non-Profit-Start-Ups für jeden gekauften Chai-Latte einen Baum pflanzen.
Es sollte mittlerweile auch den Letzten als irrwitzig erscheinen, sich im Angesicht eines brennenden Planeten an Elektroautos, persönlichen Verzicht und grüngewaschenen Kapitalismus zu klammern.
Für uns hingegen ist klar, dass an die Stelle des Wachstumszwangs eine vernünftige Organisation der gesellschaftlichen Reproduktion treten muss. Wir zögern nicht, diese Gesellschaft kommunistisch zu nennen. Dafür werden wir vom 08. bis zum 15. August mit umsGanze!, Ende Gelände und vielen weiteren nach Hamburg fahren, um das Kapital und seine Logistik anzugreifen. Die Klimakrise hat System und wir sind bereit es abzuschaffen!
System Change not Climate Change!
Shut down the Harbour!